Bin ich hochsensibel? Die 4 wesentlichen Merkmale hochsensibler Menschen & die Ursachen von Hochsensibilität

18 September 2023 | Hochsensibilität

Ca. 15-20% der Bevölkerung sind hochsensibel – viele wissen es jedoch nicht.

Das Erkennen der eigenen Hochsensibilität wird in der Regel als große Erleichterung empfunden: Endlich gibt es eine Erklärung dafür, warum man sich in der Vergangenheit so oft „anders“ fühlte, die eigene Wahrnehmung in Frage stellte oder immer wieder den Eindruck hatte, nicht so richtig in diese Welt zu passen.

Durch das Wissen um die eigene Hochsensibilität kann schließlich ein neues Verständnis für sich selbst entwickelt, die Geschenke der Hochsensibilität erkannt und ein gesunder Umgang mit den damit einhergehenden Herausforderungen in den Alltag integriert werden.

Im folgenden Beitrag erfährst du die 4 wesentlichen Merkmale hochsensibler Menschen und was die Ursachen von Hochsensibilität sind.

 

Bin ich hochsensibel? Definition des Begriffes „Hochsensibilität“ nach Dr. Elaine Aron

Dr. Elaine Aron ist eine US-amerikanische Psychologin und gilt als Pionierin der Hochsensibilitäts-Forschung. In den 90er Jahren hat sie die Bezeichnung “high sensitive person” geprägt.

Mit der Übersetzung ihrer Bücher ins Deutsche wurde der Begriff „Hochsensibilität“ eingeführt. Viele hochsensible Menschen hadern jedoch mit diesem Begriff, da er zu stark nach „Sensibelchen“ klingt.

Da Hochsensibilität auf eine Besonderheit der Reizverarbeitung im Nervensystem zurückzuführen ist, empfinden viele die englische Bezeichnung bzw. wörtliche Übersetzung „hochsensitive Person“ als neutraler und zutreffender. „Hochsensitivität“ wird inzwischen im deutschsprachigen Raum von vielen Fachleuten auch als Synonym für „Hochsensibilität“ verwendet.

 

Die 4 wichtigsten Merkmale hochsensibler Menschen: das DOES-Modell von Dr. Elaine Aron

Dr. Elaine Aron beschreibt in ihrem DOES-Modell die folgenden 4 Hauptmerkmale hochsensibler Personen:

  1. Depth of processing: Gründliche Informationsverarbeitung
  2. Overstimulation: Tendenz zur vegetativen Übererregung
  3. Emotional reactivity & empathy: Emotionale Intensität & stark ausgeprägte Empathie
  4. Sensing the subtle: Sensorische Empfindlichkeit

 

 

Das erste wesentliche Merkmal hochsensibler Personen: Gründliche Informationsverarbeitung

Hochsensibilität ist KEINE Krankheit, sondern ein Persönlichkeitsmerkmal, dass auf eine Besonderheit der Reizverarbeitung im Nervensystem zurückzuführen ist: Ca. 15-20% der Bevölkerung haben eine stark erhöhte Sensitivität. Sie nehmen dadurch sowohl mehr äußere als auch innere Reize (Quantität) wahr und erleben diese zudem deutlich intensiver (Qualität).

Somit werden nicht nur mehr Informationen aufgenommen, sondern diese auch noch gründlicher verarbeitet, d.h. mit bisherigen Erfahrungen und Informationen verglichen, abgewogen und verknüpft.

 

Wie erleben hochsensible Personen das Merkmal gründliche Informationsverarbeitung im Alltag

Durch ihre erhöhte Wahrnehmung haben Hochsensible ein Auge für kleinste Details und entdecken leicht Fehler oder optische Abweichungen, ohne überhaupt bewusst danach zu suchen.

Hochsensible durchdenken und hinterfragen Informationen sehr gründlich und treffen wohl bedachte Entscheidungen. Sie haben ein Talent für das Erkennen von komplexen Zusammenhängen. Das intensive miteinander abwägen von Informationen kann jedoch auch zu Grübel-Schleifen und Entscheidungsschwierigkeiten führen.

Hochsensible befassen sich typischerweise gerne mit philosophischen und tiefgründigen Fragen (z.B. was ist der Sinn des Lebens?) und interessieren sich für Spiritualität.

 

Tipps worauf Hochsensible bezüglich des Merkmals gründliche Informationsverarbeitung achten sollten

Für Hochsensible ist es wichtig, eine gesunde Balance zwischen Informationsüberflutung und Unterforderung zu finden. Das Gehirn „überhitzt“ deutlich schneller als bei anderen Menschen – allerdings langweilen sich Hochsensible tendenziell auch schneller.

Für hochsensible Menschen ist es oft eine Herausforderung, das richtige Maß zu finden zwischen Input, Pausen sowie ausreichend Zeit zur Integration – schließlich warten schon die nächsten interessanten Informationen nur darauf, aufgenommen und verarbeitet zu werden.

 

Das zweite wesentliche Merkmal hochsensibler Menschen: Vegetative Übererregung & Reizüberflutung

Hochsensible haben ein besonders empfindsames Nervensystem. Da die Filterfunktion ihres Nervensystems herabgesetzt ist, prasseln durchgehend mehr Reize aus der Außenwelt auf sie ein. All diese Reize werden stärker wahrgenommen und intensiver verarbeitet. Das Gehirn betreibt sozusagen andauernd Hochleistungssport.

Dies führt auch dazu, dass die Reizschwelle, durch die eine Übererregung der Nerven oder eine Stressreaktion ausgelöst wird, schneller erreicht wird.

 

Wie macht sich das Merkmal vegetative Übererregung im Alltag hochsensibler Personen bemerkbar

Hochsensible haben durch ihre intensivere Wahrnehmung deutlich schneller das Gefühl, dass etwas „zu viel“ ist: zu laut, zu eng, zu viele Menschen, zu intensiv, zu viel Input, …

Sie verspüren oft das Bedürfnis, Veranstaltungen eher zu verlassen und vermeiden größere Menschenansammlungen. Bei Sightseeing-Touren oder Museumsbesuchen sind sie schneller „gesättigt“ und sehnen sich nach einer ruhigen Auszeit. Schließlich muss all das Erlebte sortiert und verdaut werden.

In Gesprächen empfinden sie kurze Pausen und Momente der Stille oft als angenehm, da sie so ihre Gedanken in Ruhe sortieren können.

Durch ihr besonders empfindsames Nervensystem sind Veränderungen im Allgemeinen sowie Umbruchphasen für viele hochsensible Menschen eine deutlich größere Herausforderung als für andere Menschen.

 

Tipps worauf Hochsensible angesichts der vegetativen Übererregung achten sollten

 Aufgrund der vegetativen Übererregung ist es für Hochsensible besonders wichtig, Strategien zur Regulation des Nervensystems und zur gesunden Stressbewältigung zu erlernen und diese ganz bewusst in den Alltag zu integrieren.

Auch die bewusste Vorbereitung auf ungewohnte Situationen wie z.B. Prüfungen, Halten von Vorträgen, Gehaltsverhandlungen ist sehr hilfreich. Ebenso das Erlernen von Strategien, um besser mit herausfordernden Situationen wie z.B. U-Bahn fahren oder Menschenansammlungen umgehen zu können.

In größeren Umbruchphasen sind gesunde Selbstfürsorge und vermehrte Rückzugs- & Ruhephasen noch wichtiger als bereits im normalen Alltag. Wenn das Alte nicht mehr trägt und das Neue noch nicht ganz da ist, ist professionelle Begleitung sehr unterstützend: die eigenen Gedanken und neuen Erfahrungen reflektieren & sich neue Verhaltensweisen aneignen und sich dabei nicht zu überfordern.

 

Das dritte wesentliche Merkmal hochsensibler Personen: Emotionale Intensität & stark ausgeprägte Empathie

Hochsensible erleben sowohl positive als auch herausfordernde Emotionen überdurchschnittlich intensiv. Von Büchern, Filmen, Nachrichten und Musik lassen sie sich stark berühren. Gewaltvolle Nachrichten oder Filme sind überfordernd.

Durch ihr sehr hohes Empathievermögen fällt es Hochsensiblen leicht, sich in andere Menschen hineinzufühlen und zu erkennen, wie es ihrem Gegenüber geht und was dieser gerade braucht. Sie sind sehr aufmerksame Zuhörer, die auch die kleinsten Regungen und Veränderungen der Mimik, Gestik und in der Gefühlswelt ihrer Gesprächspartner erkennen. Sie werden gerne in herausfordernden Situationen um Rat gebeten.

 

Tipps wie Hochsensible den gesunden Umgang mit ihrer emotionalen Intensität & ausgeprägten Empathie in ihr Leben integrieren

Die Intensität der Emotionen wird häufig als überfordernd empfunden und viele Hochsensible verspüren immer wieder den Wunsch „einfach mal nichts zu fühlen“. Sich für ein paar Stunden rauszunehmen kann sehr gesund sein, doch was wir dauerhaft wegdrücken, wird immer größer.

Deshalb ist es für Hochsensible wichtig zu lernen, die Wellen ihrer Emotionen zu reiten und Strategien zu entwickeln, die sie nähren und ihnen ein Durchatmen ermöglichen. Außerdem gilt es, das Bewusstsein dafür zu schärfen, welche der wahrgenommenen Emotionen die eigenen sind – und welche vom Umfeld übernommen wurden.

Auch Abgrenzung ist ein sehr wichtiges Lernfeld für Hochsensible. Wer sehr empathisch ist, nicht Nein sagen kann und sich mehr an den Bedürfnissen anderer orientiert, als an den eigenen, überfordert sich selbst und läuft Gefahr, in einen Burnout zu geraten. Die eigenen Bedürfnisse und Grenzen wahrzunehmen und danach zu leben ist essenziell für einen gesunden Umgang mit den eigenen Ressourcen.

Das vierte wesentliche Merkmal hochsensibler Menschen: Sensorische Empfindlichkeit

Hochsensible reagieren stärker auf Sinnesreize als andere Menschen und nehmen auch subtilste Reize wahr. Wie bei allen Menschen sind die Sinneskanäle unterschiedlich stark ausgeprägt, was jede Hochsensibilität auch in dieser Hinsicht einzigartig macht.

Viele sind sehr empfindlich auf Lärm und nehmen auch Geräusche, die anderen kaum auffallen als sehr störend wahr.

Manche können kratzende Materialien auf der Haut wie z.B. bestimmte Stoffe oder Etiketten in Kleidungsstücken nur schwer ertragen.

Andere haben einen sehr feinen Geruchs- oder Geschmackssinn.

Oft ist auch das Schmerzempfinden deutlich erhöht.

Viele reagieren auch besonders stark auf Alkohol, Koffein oder Medikamente.

 

Tipps für den Umgang hochsensibler Menschen mit ihrer sensorischen Empfindlichkeit

Aufgrund ihrer sensorischen Empfindlichkeit ist es essenziell, dass hochsensible Menschen sich ganz bewusst mit den sie umgebenden Sinnesreizen befassen:

  • Wo können herausfordernde Reize reduziert oder gar vermieden werden?
  • Wie kann das Umfeld anders gestaltet werden?
  • Auf was reagiert der eigene Körper besonders empfindlich?
  • Wo liegen die eigenen Grenzen zwischen Wohlbefinden und Überforderung?

 

Ursachen von Hochsensibilität

Hochsensibilität ist keine Krankheit, sondern eine Persönlichkeitsveranlagung, deren genetische Faktoren auch vererbt werden.

Durch bestimmte Ereignisse kann sich die Intensität der Ausprägung einer Hochsensibilität im Laufe des Lebens zusätzlich verstärken. Dazu gehören z.B. traumatische Erlebnisse wie ein schwieriges Elternhaus (psychische Erkrankungen, Alkoholmissbrauch, etc.), der Verlust wichtiger Bezugspersonen oder Mobbing.

 

Parallelen zwischen Hochsensibilität / Trauma / AD(H)S / Autismus / Angststörung

Es gibt gewisse Gemeinsamkeiten zwischen Hochsensibilität, Trauma, ADH(H)S, Autismus und Angststörungen. Allen zugrunde liegt eine Überreizung des Nervensystems – auf die jedoch unterschiedlich reagiert wird.

Solltest du vermuten, dass bei dir noch etwas anderes als eine Hochsensibilität vorliegt, ist es wichtig dem nachzugehen. Dabei könnten sich die genannten Begriffe als hilfreiche Wegweiser für dich herausstellen.

 

Die „Unterschiede“ zwischen Hochsensibilität, Hochsensitivität und Neurosensitivität: Warum ich in meiner Arbeit nicht zwischen den Begriffen unterscheide

Viele Fachleute nutzen die Begriffe Hochsensibilität und Hochsensitivität synonym. Im deutschsprachigen Raum ist jedoch auffällig, dass manche bewusst zwischen den Begriffen Hochsensibilität und Hochsensitivität unterscheiden:

  • In diesem Fall wird unter „Hochsensibilität“ die besonders feine Ausprägung der körperlichen Wahrnehmung über die 5 Sinne: Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten.
  • Mit „Hochsensitivität“ wird die Wahrnehmung über diese körperlichen Reize hinaus beschrieben. Es werden z.B. Energien, Stimmungen oder andere Dinge wahrgenommen, die den meisten Menschen verborgen bleiben. Dazu zählen z.B. auch Hellsichtigkeit, Hellhörigkeit, Hellfühligkeit oder Medialität.

Auf mich persönlich treffen beide Beschreibungen zu. Ich sehe jedoch diese Unterscheidung zwischen Hochsensibilität und Hochsensitivität als nicht erforderlich, da jede Hochsensibilität immer ihre ganz individuellen Ausprägungen hat und sich mit der Zeit auch verändern kann. So kann sich z.B. im Laufe des Lebens eine erhöhte Wahrnehmung entwickeln und diese zudem auch ganz bewusst geschult werden.

Der Begriff „Neurosensitiv“ ist immer häufiger zu lesen, weshalb ich ihn hier mit aufführe: Neurosensitivität beschreibt die neuroanatomische Fähigkeit, Umgebungsreize zu registrieren und zu verarbeiten – was auf jeden gesunden Menschen zutrifft. Eine erhöhte Neurosensitivität ist in meiner Wahrnehmung gleichzusetzen mit dem ursprünglichen Begriff der Hochsensitivität.

Ich halte es einfach und konzentriere mich auf das, was DICH voranbringt.

Was mich am meisten interessiert ist ganz unabhängig von all den verschiedenen Begriffen und Konzepten: Wie nimmst DU persönlich deine ganz individuelle „Hochsensibilität“ wahr und wie erlebst du sie?  

 

Die individuellen Facetten deiner Hochsensibilität

Wir Menschen sind alle einzigartige Individuen mit unserer ganz persönlichen Wahrnehmung der Wirklichkeit. Genauso einzigartig ausgeprägt ist auch dein Erleben deiner individuellen Hochsensibilität.

Schreib mir gerne in die Kommentare:

  • Wie nimmst du deine Hochsensibilität wahr?
  • Gibt es Unterschiede in den verschiedenen Lebensbereichen?
  • Welche Herausforderungen & Geschenke erlebst du durch deine Hochsensibilität?

 

Ich freue mich darauf, von dir zu lesen.

Alles Liebe zu dir,

Dorothea

 

PS: Du kennst jemanden, den dieser Artikel interessieren könnte? Leite ihn gerne weiter 🙂

 

Fotocredits: Andrew Small (unsplash)

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